Das Grab des Kindkönigs




Teil 3 - Das Grab des Kindkönigs



Die Geschichte um Howard Carter, seine unermüdliche Suche nach dem Grab Tutanchamuns und den erfundenen "Fluch des Pharao" ist schon beinahe ein moderner Mythos. Diese Geschichte wurde allerdings bereits in Dutzenden Dokumentationen, Büchern und auch auf vielen Webseiten umfassend geschildert. Ich möchte nicht die gleiche Geschichte ein hundertstes Mal aufrollen. Dieser Teil befasst sich daher ausschließlich mit der Öffnung des Grabes und seinen Funden.

Die vier unterirdischen Kammern, die Carter im Tal der Könige entdeckte, und die für Jahrtausende die Heimstätte für die Mumie Tutanchamuns waren, sind ein wichtiger Teil der Geschichte des verstorbenen Pharaos. Die wunderbaren Stücke des Grabschatzes waren aufgeschichtet, durch- und übereinander geworfen, und teilweise fast vollständig verrottet.

Betreten wir also die Grabkammer mit der Bezeichnung KV 62, die vor Jahrtausenden so verlassen und versiegelt wurde, wie Carter sie im 20. Jahrhundert aufgefunden hat - und blicken wir auf die Räume und Schätze, die Tutanchamun gut versorgt in die "Gefilde der Binsen" geleiteten.


Die Vorkammer des Grabes von Tutanchamun mit ihren Schätzen (Replik!)
"Es dauerte einige Zeit, bis man etwas erkennen konnte, die aus der Kammer entweichende heiße Luft ließ die Kerzenflamme flackern, aber sobald sich die Augen an den Schein des Lichts gewöhnt hatten, erschien nach und nach das Innere der Kammer, mit ihrer seltsamen und wundervollen Mischung aus übereinander gehäuften, außergewöhnlichen und herrlichen Objekten."

- Howard Carters Tagebucheintrag, 26. November 1922 -


Ähnlich diesem Foto sah wohl der erste Blick aus, den Carter durch ein kleines Loch in die Vorkammer des Grabes werfen konnte. Im Schein seiner Kerze leuchteten ihm drei Ritualbetten mit ihren Tierköpfen entgegen, unzählige Truhen und Möbel - und der wunderschön gearbeitete Kopf des jungen Königs auf einer Lotusblüte sah ihn aus der Tiefe der Jahrtausende an.


Zum Vergleich ein Originalfoto von Harry Burton direkt nach Öffnung des Grabes.
Persönliche Besitztümer des Pharaos, rituelle Gegenstände, Stühle und Vasen stapeln sich in scheinbarem Durcheinander. Viele der einzigartigen Stücke stammen offenbar direkt aus den Gemächern des königlichen Palastes 1323 v. Chr.

In der Bildmitte das Ritualbett der Göttin Isis in der Kuhgestalt "Mehet-Weret", links das der "Ammut" in Nilpferdgestalt (vorderer Teil).

Unter dem Bett in der Mitte türmen sich ganze 48 ovale Holzboxen als Nahrungsvorrat für die Reise in das Jenseits. Laut den Aufschriften in hieratischer Schrift enthalten sie u.a. "Gans", oder Teile vom Rind, wie "Kopf", "Herz", "Leber", "Schenkel" und "Rücken". In vielen Boxen fanden sich jedoch andere Nahrungsinhalte als in den Beschriftungen angegeben, z.B. Zunge statt Leber, oder Lende statt Rückenstücke. In unbeschrifteten Boxen fand man auch Enten-, Tauben- und Hühnerfleisch.
Die Vorkammer des Grabes von Tutanchamun mit ihren Schätzen


Die Vorkammer des Grabes von Tutanchamun mit ihren Schätzen (Replik!)
"Lord Carnarvon fragte mich, 'können Sie etwas sehen?'. Ich antwortete ihm, 'ja, es ist wundervoll.'
...
Fein geschnitzte Stühle; ein goldener Thron mit Einlegearbeit; ein Haufen großer, merkwürdiger ovaler Behälter; und, direkt vor uns, ein herrlicher lotusförmiger Lotuskelch in durchscheinendem Alabaster; Hocker in allen Formen, aus gewöhnlichen und seltenen Materialien; und schließlich ein Durcheinander aus umgestürzten Teilen von Streitwagen, glänzend vor Gold, zwischen denen eine hölzerne Kleiderpuppe hervor lugte. Der erste Eindruck erweckte die Vorstellung eines Requisitenlagers einer untergegangenen Zivilisation."

- Howard Carters Tagebucheintrag, 26. November 1922 -


Das Originalfoto aus ähnlicher Perspektive. Der Blick nach links zum südlichen Ende der Vorkammer zeigt die zerlegten Streitwagen des Pharaos, weitere Truhen und Sitzmöbel, sowie den goldenen Thron Tutanchamuns, unter dem Nilpferdbett kaum zu erkennen.

Nach der Entfernung des Throns und einiger weiterer Gegenstände wurde unter dem hintersten Ritualbett ein kleiner, quadratischer Durchschlupf zu einem weiteren Raum sichtbar - der Seitenkammer. Sie lag tiefer als die Vorkammer und war vollgestopft mit über 2000 verschiedenen Objekten, so dass sie zunächst nicht betreten werden konnte. Sie enthielt vor allem übereinandergestapeltes Mobiliar wie Betten, Stühle, kleine Kommoden und Truhen, kostbare Kalzitgefäße und zwei weitere Streitwagen. Auch viele Kleinteile konnten vom Boden der Kammer geborgen werden.

Carter hatte schon länger vermutet, dass bereits im alten Ägypten Grabräuber in die Anlage eingedrungen waren und sie für die teils immense Unordnung verantwortlich waren. Die wahllos durcheinandergeworfenen Stücke der Seitenkammer waren nun ein weiterer Hinweis für ihn, dass das Grab in der Antike mehrmals aufgebrochen und wieder verschlossen worden war.
Die Vorkammer des Grabes von Tutanchamun mit ihren Schätzen
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Howard Carter beim Durchbruch zur Sargkammer Tutanchamuns
An der gegenüberliegenden, nördlichen Wand fand sich ein zugemauerter Eingang, der von zwei Wächterstatuen flankiert wurde. Das obere Foto zeigt Howard Carter und Arthur Mace, Konservator des New Yorker Metropolitan-Museums of Art, beim Abtragen der Mauer.
Wie alle vermauerten Zugänge zum Grab, die man bereits durchbrochen hatte, barg auch dieser Hunderte Siegel der königlichen Nekropole (mit dem Schakalgott Anubis und neun gefesselten Gefangenen) sowie die Namenskartuschen Tutanchamuns. Diese waren einst zur Versiegelung der einzelnen Kammern in das noch feuchte Mauerwerk gedrückt worden. Der auf dem Bild noch stehende untere Teil der Mauer zeigt Reste davon.

Dahinter kam eine goldene "Wand" zum Vorschein, die fast die gesamte Öffnung ausfüllte - der erste vergoldete Schrein Tutanchamuns. Man war auf die Sargkammer gestoßen.
Das untere Foto zeigt den mittlerweile fast völlig freigelegten Zugang mit den Wächtern, die ihn jahrtausendelang beschützten.
Der Eingang zur Sargkammer Tutanchamuns, flankiert von zwei Wächterstatuen




Die dahinter ruhenden 4 Schreine und 4 Sarkophage, die ineinander verschachtelt waren, füllten beinahe den gesamten Raum aus.

Es war so wenig Platz in der Sargkammer, dass sogar eine einzelne Person Schwierigkeiten hatte, um die Schreine zu gehen. In den engen Zwischenräumen zwischen Wand und Schrein als auch im Inneren des äußersten Schreins fand man viele Gegenstände. Darunter meisterhaft gefertigte Alabastergefäße, vergoldete Stäbe, Bögen, Straußenfeder-Fächer und hölzerne Ruder.

Die Türen der einzelnen Schreine waren jeweils mit einem Seil gesichert, das durch Bronzegriffe gezogen und mit Lehm versiegelt war. Als Carter auch hier das unversehrte magische Siegel der königlichen Nekropole sah, konnte er sichergehen, dass alles, was sich jenseits der schweren goldenen Türen befand, seit Tutanchamuns Begräbnis nicht mehr angerührt worden war.

Das Arbeiten in der Sargkammer und das Entfernen der Schreine und Sarkophage war aufgrund der beengten Verhältnisse sehr mühselig.
Der 2. Schrein war von einem Holzgerüst umgeben, darüber hing ein großes Leintuch, an das unzählige vergoldete Bronze-Rosetten genäht waren.
Erst der 4. Schrein gab den Blick auf den Quarzit-Sarkophag frei.

Auf dem Foto späht Carter zusammen mit einem Gehilfen und seinem Mitarbeiter Arthur R. Callender durch die geöffneten Türen der Schreine.
Howard Carter blickt durch die Türen der goldenen Schreine auf den Quarzit-Sarkophag Tutanchamuns
Abb.: Wikimedia Commons, Public Domain




Tutanchamuns innerster Sarkophag im Moment der Freilegung
Abb.: Wikimedia Commons, Public Domain
Der frei stehende Quarzit-Sarkophag barg den ersten vergoldeten Sarkophag mit dem prächtigen Antlitz des Königs.

"So frisch und unberührt von der Zeit war dies alles, dass wir mit hineingezogen wurden in das Leid dieses Todes." (Howard Carter)

Die schweren Deckel der Sarkophage wurden mithilfe eines Flaschenzuges mit starken Seilen angehoben. Der äußere Sarkophag gab den Blick auf den mittleren frei, den Girlanden aus Olivenzweigen, Lotosblüten und Kornblumen schmückten. Als man auch diesen Deckel entfernt hatte, kam der innerste Sarg zum Vorschein, dieser bestand aus purem Gold.

Auf Brust und Hals lag ein kunstvoll gearbeiteter Kranz aus Perlen und vertrockneten Blumen. Der Moment der Freilegung wurde im Foto links festgehalten.

Während der altägyptischen Begräbniszeremonie hatte man große Mengen pechhaltiges Harz vergossen, das mit der Zeit zu einer steinharten Masse wurde. Erst nach der Entfernung dieser Substanz konnte man die beiden Särge voneinander trennen. Das rechte Foto zeigt Carter bei seiner geduldigen Arbeit.
Howard Carter bei der Säuberung des innersten Sarkophags von Tutanchamun
Abb.: Wikimedia Commons, Public Domain






Tutanchamuns Mumie mit Totenmaske im Sarkophag (Replik!)
Als schließlich auch der schwere Deckel des letzten Sarkophages sich hob, enthüllte er die in dicke Bandagen gewickelte Mumie Tutanchamuns, die ebenfalls mit getrockneten Balsamierungsharzen und Pech bedeckt war.
Im Kontrast zu dem düsteren Effekt, der durch diese Schicht hervorgerufen wurde, "stand die leuchtend, man könnte sagen strahlend, polierte Goldmaske des Königs, die Kopf und Schultern bedeckte" (Howard Carter).

Auf der Brust ruhte eine Goldkette mit "Herz-Skarabäus"-Anhänger aus schwarzem Harz. Darunter waren zwei goldene überkreuzte Hände mit Krummstab und Wedel an die Bandagen genäht, Symbole der Herrschaft über Ober- und Unterägypten, wie bereits auf den Särgen abgebildet. Unterhalb der Hände lag der menschenköpfige Vogel "Ba" mit ausgebreiteten Flügeln, Symbol einer der drei Seelen des Verstorbenen.

Die mit Einlegearbeiten versehenen goldenen Mumienbänder enthalten Schutzsprüche der Himmelsgöttin Nut, des Totengottes Anubis, und weiterer Götter, die den König "ehren". Wie Carter feststellte, waren die Texte der Bänder nicht in der richtigen Reihenfolge, und an ihrer Rückseite konnte man deutlich erkennen, dass die Namenskartuschen herausgeschnitten und durch Goldplättchen ersetzt worden waren. Eine dieser Kartuschen hatte man jedoch übersehen, sie trug den Namen "Anchcheperure" - der Thronname des mysteriösen Semenchkare, Tutanchamuns Vorgänger. Dieser Fund ist bei weitem nicht der einzige aus dem Grab, der Fragen aufwirft.

Während er die Mumie Tutanchamuns Schicht für Schicht von seinen Bandagen befreite, fand Carter insgesamt mehr als 150 heilige Schmuckstücke und andere Gegenstände, von denen die meisten den König im Jenseits beschützen sollten.
Die Arme trugen etliche Armreife und waren als Zeichen königlicher Herrschaft angewinkelt und überkreuzt; in den Händen hielt der Pharao die zuvor so oft abgebildeten königlichen Insignien Krummstab und Wedel, die jedoch fast völlig verrottet waren. Goldene Hülsen mit Gravuren in Form von Finger- und Fußnägeln steckten zum Schutz an jedem einzelnen Finger und jeder Zehe, an den Füßen außerdem noch goldene Sandalen.

Auf dem kahlrasierten Kopf des Königs saßen in der untersten Schicht ein goldenes Diadem mit Uräusschlangen und eine dünne Schädelhaube mit vier über den Schädel ringelnden Uräusschlangen aus Gold- und Fayenceperlen.
Das "Nemes"-Kopftuch, ebenfalls Teil des Königsornats, war längst zerfallen.
Tutanchamuns goldene Mumienbänder und der 'Ba'-Vogel (Replik!)




Während die Wände der anderen Kammern keinerlei Dekoration zeigen, ist die Sargkammer Tutanchamuns mit gut erhaltenen, farbenprächtigen Wandmalereien geschmückt.
Sie zeigen mythologische Szenen aus dem Buch der Toten, die Mundöffnungszeremonie, Illustrationen aus dem Amduat-Buch und den Verstorbenen zusammen mit verschiedenen Gottheiten.

Die symbolische Darstellung von Tutanchamuns Übergang in die Unterwelt beginnt an der Ostwand der Sargkammer, wo man auch den Eingang zu einem weiteren Raum entdeckte.
Die gemalte Szene und die Hieroglyphentexte schildern die Begräbnisprozession mit den im Grab gefundenen Schreinen und Särgen und weisen die ersten 9 gleichartig in weiß gekleideten Trauernden als Höflinge und "Neun Freunde" des Königshauses aus, die als Träger bei den Leichenfeierlichkeiten eingesetzt wurden. Neun ist die Potenz der Zahl Drei, welche dem altägyptischen Begriff für "Mehrzahl" entspricht, so dass sie wohl sinnbildlich für "alle Freunde" des Königs steht.
Dahinter folgen die zwei Wesire von Ägypten mit kahlrasierten Köpfen. Der letzte Beamte des Zuges stellt vermutlich den amtierenden Nachfolger Tutanchamuns, "Eje" dar, dem toten König in seinem Sarg am Nächsten.
Die Trauernden ziehen den Sargschlitten mit dem Schrein und der Mumie des Toten. Die Hieroglyphen verzeichnen ihre Worte:

"Neb-Cheperu-Re, komme in Frieden! Oh Gott, Beschützer des Landes!"

Neb-Cheperu-Re (übersetzt: "Herr der Gestalten des Re") war der Thronname Tutanchamuns.
Bei der Begräbnisprozession ziehen die '9 Freunde' des Königshauses den Sargschlitten mit der Mumie Tutanchamuns
Die Teilnehmer der Begräbnisprozession Tutanchamuns
Abb. oben/unten: Allposters.de (Klick zur Bestellung dieses Posters)



Eje vollzieht die Mundöffnungszeremonie an Tutanchamun
Die Dekoration der rückwärtigen Nordwand beschreibt in drei Szenen die Vorbereitung der Reise des Königs ins Jenseits.
Im ersten Abschnitt vollzieht Eje die Mundöffnungszeremonie an Tutanchamun in Osirisgestalt. Bei dieser rituellen Handlung wurden dem toten Körper durch das dechselförmige "Netjeri"-Gerät alle Lebensfunktionen, Sinne und Merkmale des Verstorbenen auf magische Weise zurückgegeben, um sie im Jenseits verwenden zu können.
Eje trägt die für die 18. Dynastie typische blaue Krone ("Chepresch") und ist als Zeichen für die religiöse Würde eines Priesters in ein Pantherfell gekleidet.
Der Name Ejes wird in den Hieroglyphentexten in Kartuschenform dargestellt und der Hofbeamte damit als Tutanchamuns Nachfolger auf dem Thron benannt.
Die Himmelsgöttin Nut empfängt Tutanchamun mit einem Trankopfer
Die Szene setzt sich nach links fort, wo der Pharao von der Himmelsgöttin "Nut" empfangen wird. In den Händen hält er einen Stab, eine Keule und das "Anch", Symbol des Lebens (auch im Jenseits).

Der Hieroglyphentext lautet:

Nut, Herrin des Himmels, Gebieterin der Götter,
sie entrichtet den Nini-Gruß dem den sie geboren hat
Möge sie Gesundheit und Leben geben
in deine Nase, damit du ewig leben mögest
Herr der Beiden Länder, Herr der Erscheinungen, ein Re
dem Leben gegeben sei
für immer und ewiglich
Der Totengott Osiris empfängt Tutanchamun und sein Ka, die Lebenskraft
Tutanchamun umarmt den Totengott Osiris
Der dritte Bildabschnitt zeigt den König mit Nemes-Kopftuch und in Begleitung seines "Ka", dem geistigen Doppelgänger, Symbol für die Lebenskraft. Tutanchamun umarmt den Totengott Osiris, der ihn und sein Ka ins Jenseits aufnimmt.

Die Wände der Sargkammer waren außerdem mit je einer rechteckigen Nische versehen, die mit Kalksteinplatten verschlossen, verputzt und dekoriert wurde. Sie enthielten je einen magischen Ziegel, der die königliche Mumie nach allen vier Himmelsrichtungen hin beschützen sollte. Links ist eine dieser (jetzt leeren) Nischen zu sehen.


Malerei an der Nordwand der Sargkammer Tutanchamuns mit den Vorbereitungen für die Reise des Pharaos ins Jenseits
Eine Gesamtansicht der Nordwand in der Sargkammer




Die Westwand der Sargkammer Tutanchamuns zeigt symbolisch die Reise des Pharaos durch die Unterwelt; 12 Paviane stehen für die 12 Stunden der Nacht
Abb. oben/rechts: Allposters.de (Klick zur Bestellung dieses Posters)
Die Westwand enthält einen Auszug aus dem Buch "Amduat", übersetzt "das was in der Unterwelt (im Jenseitsland) ist".
Der verstorbene Pharao reist zusammen mit dem Skarabäus "Chepri", der die Sonne am Morgen symbolisiert, in der Himmelsbarke durch die Unterwelt "Duat". Die 12 als Paviane abgebildeten Gottheiten darunter symbolisieren die 12 Stunden der Nacht, die der König durchfahren muss.
Jeder von ihnen trägt einen Namen, wie z.B. "Tänzer", "Preisender", oder "Herz der Erde".

Mantelpaviane galten als heilige Tiere. Für die altägyptische Bevölkerung sah es so aus, als begrüßten sie jeden Morgen den wiedergeborenen Sonnengott Re, indem sie bei Tagesanbruch zu kreischen begannen, auf Felsen und Gebäude kletterten und sich in den ersten Sonnenstrahlen wärmten.
Laut Totenbuch wendet der Tote sich an sie, um Gerechtigkeit im Totenreich zu erbitten, denn sie erfüllten mehrere Aufgaben in der Unterwelt.
Paviane genossen daher Schutz, wurden oft als Haustiere gehalten und teilweise sogar mumifiziert.
Einer der 12 Paviane, genannt der 'Tänzer', an der Westwand der Sargkammer des Tutanchamun


Auf der Südwand seiner Sargkammer wird Tutanchamun im Jenseits von den Göttern Hathor, Anubis und Isis begrüßt (Replik!)
 
 
 
 

Um den Sarkophag Tutanchamuns schließlich aus der Sargkammer zu bergen, sah sich Carter gezwungen, nahezu die gesamte Südwand zwischen Grab- und Vorkammer zu entfernen. Ein Teil dieser Wand ist deshalb heute nicht mehr erhalten.
Eine Rekonstruktion lässt den fehlenden Teil jedoch wieder auferstehen, angefertigt für die große Tutanchamun-Ausstellung mit ihren Repliken.

Darauf wird die Reise des Pharaos dramaturgisch fortgesetzt und zu Ende geführt.
Tutanchamun wird von den Göttern Anubis und Hathor begrüßt. Die Göttin Hathor haucht ihm neues Leben ein, indem sie ein Anch an seine Nase führt. Anubis, der schakalgestaltige Gott der Totenriten, legt ihm schützend seine Hand auf die Schulter. Als Letzte erscheinen die Göttin Isis mit Trankopfer und drei weitere Unterweltgottheiten und heißen den König im ewigen Leben willkommen.



Tutanchamuns Sargkammer in Grab KV62 im Tal der Könige
Eine Ansicht der Sargkammer heute. Tutanchamuns Mumie ist die einzige, die statt in einem Museum weiterhin in ihrem Grab im Tal der Könige ruht. Lediglich eine moderne Plexiglasplatte schützt vor schädlichen Witterungseinflüssen.
Der Quarzitsarkophag und der äußerste Sarg wurden hier belassen, um dem Zweck zu dienen, für den sie geschaffen wurden - der ewigen Ruhe des jungen Pharaos.




In der nordöstlichen Ecke der Sargkammer, unterhalb der Darstellung der Begräbnisprozession, lag ein niedriger Eingang zu einer weiteren Kammer. Dieser Eingang war nicht zugemauert worden - doch er wurde gut bewacht:
Eine überlebensgroße Statue des Schakalgottes Anubis spähte einschüchternd aus der Dunkelheit hervor, den vergoldeten Kanopenschrein beschützend, in dem die mumifizierten Eingeweide Tutanchamuns aufbewahrt waren.
Die inneren Organe wurden dem Leichnam entnommen, um den Verwesungsprozess zu unterbinden.

Obwohl sich auch in dieser Kammer deutliche Spuren der antiken Grabräuber zeigten, die Kisten durchwühlt und scheinbar auch diverse Gegenstände gestohlen hatten, fand Howard Carter hier einige der wertvollsten Stücke der Grabausstattung, weshalb er die Bezeichnung "Schatzkammer" verwendete.
Dutzende Modellboote, Ushebti-Figuren, einzigartige Schmuckstücke, Götterstatuen und Statuen mit Darstellungen des Königs, sowie unzählige andere Dinge aus längst vergangener Zeit stapelten sich entlang der Wände.

Zu den berührendsten Funden dieser Kammer zählen aber zweifellos die zwei kleinen vergoldeten Särge, die in einer schlichten Holztruhe am Ende des Raumes lagen. Darin ruhten zwei mumifizierte Frühgeburten, vermutlich Tutanchamuns Töchter.
Die Schatzkammer des Tutanchamun mit dem Schakalgott Anubis und dem Kanopenschrein (Replik!)
Abb.: Hartmut Hertrampf, Tutanchamun-Ausstellung Hamburg




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